Intelligent ERP

Intelligent ERP

von Dr. Daniel Gburek

Steigende Kundenerwartungen, wachsender Innovationsdruck und schnelle Marktveränderungen veranlassen Unternehmen zur mathematischen Optimierung ihrer Funktionsbereiche. Im ERP-System integrierte intelligente Assistenten geben hierbei fundierte Handlungsempfehlungen und unterstützen bei komplexen Entscheidungen.

Jeden Morgen ist der Protagonist unserer einleitenden Geschichte, ein Zeitungsjunge, mit demselben Problem konfrontiert: „Wie viele Zeitungen beim Händler an der Ecke ankaufen?“ Der Zeitungsjunge möchte seinen Tagesgewinn maximieren. Kauft er also zu viele Zeitungen ein, hat er am Ende des Tages wertlose Restposten, die seinen Gewinn schmälern. Nimmt er dem Händler zu wenige Zeitungen ab, risikiert er verpasste Verkäufe und damit unzufriedene Kunden, was seinem kleinen Geschäft auch nicht zugutekommt. Nichts ist so schlimm, wie potenzielles Geschäft wegen fehlenden Materials verstreichen zu lassen. Eine ungewisse Nachfrage gibt dem Problem des Zeitungsjungen seine eigentliche Schwierigkeit. Es gibt Tage, an denen der Bedarf hoch ist, und andere, an denen sich kaum jemand für das Blatt interessiert.

Man mag über die Geschichte des Zeitungsjungen lächeln. Trotz des Abstraktionsgrads verdeutlicht sie dennoch Herausforderungen, mit denen Unternehmen in ihrem täglichen Geschäft konfrontiert sind. So müssen Verantwortliche in der Beschaffung abwägen, ob eine im Lager vorrätige Menge ausreichend ist oder ob sie eine Nachbestellung auslösen müssen. Dabei tragen sie nicht selten Verantwortung für die Verfügbarkeit mehrerer tausend Artikel.

Eine Fehlentscheidung kann die Drosselung der Produktion bedeuten oder ein übervolles Lager mit unnötiger Kapitalbindung als Konsequenz haben. Neben der Materialwirtschaft sind andere Funktionsbereiche gleichermaßen betroffen. Betrachten wir folgende Situation in der Fertigung: Ein Unternehmen produziert in vielen einzelnen Arbeitsschritten. Die Produktion ist voll ausgelastet. Die Herausforderung: Wie dem Kunden einen verlässlichen Liefertermin zusagen und wie Durchlaufzeiten optimieren, sodass Lieferverträge eingehalten werden?

Dr. Daniel Gburek ist seit 2018 Produktmanager für den Bereich Data & Analytics bei Cosmo Consult.

Mathematik plus Bauchgefühl

Mit der Entwicklung intelligenter ERP-Assistenten reagiert Cosmo Consult auf eine rasant wachsende Nachfrage nach Unternehmenslösungen, die den steigenden betrieblichen Anforderungen nach mehr Effizienz genügen. Bei komplexen Optimierungsaufgaben liefern ERP-Systeme zwar Daten, aber bisher keine Empfehlungen. Vor allem konkurrierende Ziele wie Zeit, Kosten und Qualität erfordern eine moderne Software, die Alternativen abwägt und so Konflikte minimiert.

Ein intelligentes ERP-System umfasst im Vergleich zu einem herkömmlichen zusätzliche intelligente Assistenten, die für die Verantwortlichen Informationen und Vorschläge auf Basis mathematischer Modelle bereitstellen. Waren also bisher Bauchgefühl und Erfahrung der Mitarbeiter die besten Ratgeber, helfen nun datengestützte Berechnungsmodelle bei komplexen Entscheidungen.

Beschaffungsmanager profitieren so von ausgewogenen Bestellvorschlägen, die sowohl den Bedarf berücksichtigen als auch die Bestände im Lager minimieren. Intelligente Assistenten für die Produktion liefern unter Beachtung aller möglichen Optionen und Rahmenbedingungen eine ausgeklügelte Reihenfolgeplanung, die innerbetriebliche Abläufe optimal aufeinander abstimmt.

Intelligente Assistenten erweitern das klassische Leistungsspektrum des ERP-Systems um mathematische Verfahren für Prognose und Optimierung.

Daniel Gburek

Im ERP-System verankerte intelligente Assistenten treten aus Sicht des Anwenders zunächst gar nicht auffällig in Erscheinung, weil sie auf die gewohnte Arbeitsweise abgestimmt sind. Im Hintergrund berechnete Bestellvorschläge etwa werden in die bekannten Standardtabellen des Systems geschrieben, sodass sie Mitarbeiter bei der Adaption der neuen Funktionalität unterstützen. Ferner bleibt der Mensch nach wie vor am Hebel, da er auch weiterhin die Bestellvorschläge des intelligenten Assistenten in gewohnter Manier anpassen kann. Die Konfiguration der neuen Helfer nimmt ebenfalls der Nutzer vor.

So kann ein Beschaffungsmanager seinen digitalen Assistenten so konfigurieren, dass dieser jeden Abend aktuelle Daten für die Optimierung bereitstellt, um am nächsten Morgen optimale Vorschläge vorliegen zu haben. In der Folge spart der Benutzer beim initialen Füllen von Tabellen und beim Einholen dafür benötigter Informationen Zeit. Weil intelligente Assistenten insbesondere mit größten Datenmengen umgehen können, ist nun auch eine effiziente Disposition von C-Teilen möglich, die derzeit häufig mit niedriger Priorität behandelt werden.

Schematische Darstellung intelligenter ERP-Systeme

Spezifischer Konnektor für jedes übliche ERP-System

Neben Akzeptanz und Vertrauen von Nutzern hat die tiefe Integration intelligenter Assistenten in die Geschäftslogik eines ERP-Systems weitere Vorteile. Die Orientierung an etablierten Prozessen und Daten ermöglicht nämlich eine präzise Spezifikation für zugrunde liegende mathematische Modelle. So eignen sich zum Beispiel häufig Methoden aus dem Operations-Research, um optimierte Bestellvorschläge im Bereich des Bestandsmanagements zu ermitteln. Diese setzen kritische Einflussgrößen wie Absatzerwartung, Servicegrad, Lagervorgaben, Informationen zur Wiederbeschaffung sowie geeignete Optimalitätskriterien in einen mathematischen Zusammenhang.

Beim Modellieren wird die Realität stets für eine bestimmte Problemstellung vereinfacht und standardisiert. Um hierbei ein adäquates Abstraktionslevel zu finden, spielt Erfahrung eine wichtige Rolle. Im Rahmen intelligenter ERP-Systeme profitieren Mathematiker vom eindeutigen Kontext, den das ERP-System vorgibt. Weil das Modell direkt in der Systemlandschaft verankert ist, lassen sich nämlich feste Leistungsversprechen aus den zur Verfügung stehenden Daten und den dazugehörigen Geschäftsprozessen ableiten.

Neben Akzeptanz und Vertrauen von Nutzern hat die tiefe Integration intelligenter Assistenten in die Geschäftslogik eines ERP-Systems weitere Vorteile.

Daniel Gburek

Um Kunden einen leichten Zugang zu intelligenten Assistenten zu bieten, verlagert Cosmo Consult seine neue Innovation in die Cloud. Aus technologischer Sicht ist ein intelligenter Assistent ein Cloud-Dienst, der über einen Konnektor ins ERP-System integriert ist. Der Konnektor gewährleistet hierbei einen sicheren Datenaustausch und ist spezifisch für jedes ERP-System. Durch die Entwicklung der entsprechenden Konnektoren ist Cosmo Consult in der Lage, intelligente Assistenten für jedes übliche ERP-System anzubieten, etwa Dynamics 365 oder SAP.

Über die Cloud lässt sich Rechenleistung bedarfsorientiert bereitstellen. Eine Absatzprognose samt zugehörigen Bestellvorschlägen für wenige Artikel scheint überschaubar, aber wie sieht es mit 100 000 aus? In der Konsequenz profitieren die Kunden vor allem von geringen initialen Investitionskosten, einer überschaubaren IT-Infrastruktur und einer schnellen Bereitstellung. Damit profitieren insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen von den neuen technologischen Möglichkeiten.

Intelligente Assistenten erweitern das klassische Leistungsspektrum des ERP-Systems um mathematische Verfahren für Prognose und Optimierung. Unternehmen sind damit in der Lage, systemseitig gespeicherte Daten zu nutzen, um komplexe Entscheidungen – etwa in Bereichen wie Materialwirtschaft, Fertigung oder Vertrieb – zu vereinfachen oder sogar zu automatisieren. Damit schaffen sie mehr Sicherheit und entlasten Mitarbeiter bei schwierigen Prozessen der Entscheidungsfindung. //

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