Machine Learning im Rechnungswesen

Zügige und automatisierte Verarbeitung von Kostenrechnungen

von Martin Tempel

Tagtäglich gehen in Unternehmen unzählige Rechnungen ein. Diese zu sortieren, im ERP-System einzugeben, den entsprechenden Kostenstellen zuzuordnen, zu genehmigen und schließlich zu begleichen, schluckt kostbare Personalressourcen.

Gerade in diesem Bereich liegt noch viel Potenzial in der Automatisierung der aufwendigen Prozesse. Mittels geeigneter Technologien können sich Unternehmen einen echten Wettbewerbsvorteil sichern. So reduzieren sie manuelle Tätigkeiten und können Personalkapazitäten für wesentlich wichtigere, strategische Aufgaben einsetzen.

Bisher: Manuelle Schritte im SAP-ERP-System

Noch gibt es etliche manuelle Prozesse im Rechnungs- und Finanzwesen. So müssen Dokumente im SAP-Arbeitsvorrat von einem Sachbearbeiter gesichtet, vorbereitet und zur Freigabe an den entsprechenden Genehmiger geschickt werden. Zwar können bisherige Systeme einmalige Rechnungen basierend auf einer konkreten Bestellung recht gut den vorausgegangenen Auftragsbestätigungen zuordnen und somit die anschließende Verarbeitung bereits weitestgehend automatisiert anstoßen, doch gerade bei der Verarbeitung wiederkehrender (Kosten-)Rechnungen ohne eindeutige Bestellung ist dies nicht möglich.

Im konkreten Anwendungsfall ist nämlich kein klassisches, regelbasiertes Customizing im SAP-System möglich, da keine universalen Regeln für die Zuordnung der Rechnungen angewendet werden können. Für solche Szenarien ist der Einsatz von Machine Learning (ML) deshalb besonders attraktiv.

Neue Möglichkeiten: ML beschleunigt den Finanzbereich

ML ermöglicht, dass Kostenrechnungen vollständig automatisiert verarbeitet und die Prozesse im Rechnungseingang beschleunigt werden.
Durch diese Automatisierung können Unternehmen viel Zeit und sogar Kosten sparen – da sie beispielsweise Rechnungen schneller zahlen und wertvolle Skonti wahrnehmen können. Beispielsweise kann ML zur Klassifizierung und anschließenden Weiterverarbeitung von Kostenrechnungen genutzt werden.

Automatische Klassifizierung von Kostenrechnungen

Wie funktioniert das maschinelle Lernen in der Praxis?

Für den Anwendungsfall hat FIS ein neuronales Netz (Model) mit Tausenden unstrukturierten Finanzdaten aus dem SAP-System trainiert. Diese Trainingsdokumente werden zunächst in ein passendes Text- oder Bildformat konvertiert und manuell den passenden Klassen (z. B. Frachtkostenrechnung, Rechnungen für Dienstleistungen etc.) zugeordnet.

Mithilfe dieser Daten wird das Model angelernt. Dieses versucht, charakteristische Merkmale für die Klassifizierungen zu erkennen, um anschließend neue, bisher unbekannte Daten eigenständig und korrekt zuzuordnen. Das Model wird dabei mehrfach mit dem gleichen Datensatz trainiert, jedoch mit veränderten Parametern.

Ziel dabei ist es, Dokumente mit möglichst hoher Genauigkeit (bspw. über 95 Prozent) korrekt zu klassifizieren. Wurde das Modell ausgiebig getestet und für gut bewertet, wird es in die SAP Leonardo Machine Learning Foundation hochgeladen und bereit gestellt. Das Model ist nun betriebsbereit und kann über ein „Application Programming Interface“ (API) als REST-Service im SAP-System aufgerufen werden.

Exkurs: Machine Learning bei SAP-Software einsetzen

Mit SAP Leonardo greifen Entwickler über eine cloudbasierte Plattform – die SAP Cloud Platform – auf innovative Technologien (z. B. Machine Learning oder Blockchain) zu. Die hier entwickelten SAP-Anwendungen können einfach in bestehende Systeme integriert und nach Bedarf skaliert werden.
Mithilfe der SAP Leonardo Machine Learning Foundation können selbstlernende Anwendungen ganz einfach entwickelt, betrieben, genutzt und gewartet werden.

Automatische Klassifizierung von Kostenrechnungen

Im nächsten Schritt kann durch ML ein automatisches Kontierungssystem aufgebaut werden, um die Rechnungen den korrekten Konten und Kostenstellen zuzuordnen. Vervollständigt wird der Prozess schließlich, indem die künstliche Intelligenz (KI) den passenden Genehmiger für die Rechnung findet und diese automatisiert zur Freigabe sendet.

Fazit: KI beschleunigt Prozesse im Rechnungswesen

KI kann zahlreiche Prozesse optimieren und automatisieren – vor allem auch im Finanzbereich. Ein geeignetes System, das die Sichtung und Vorbereitung der Dokumente vornimmt und die nachgelagerten Schritte automatisch anstößt, beschleunigt die Prozesse im Rechnungseingang enorm. Durch den Wegfall von manuellen Tätigkeiten sind enorme Einsparpotenziale in der Sachbearbeitung realisierbar.
Es sind noch viele weitere Anwendungsfälle für KI und ML denkbar, die wir gerne mit Ihnen persönlich diskutieren. //

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