Sonderfall Sentimentanalyse

Der Begriff Sentiment stammt aus dem Fran­zösischen und bedeutet Empfindung. Bei der Sentimentanalyse geht es darum, Empfindun­gen aufzuspüren: Wie denken die Zielgruppen über ein bestimmtes Produkt oder Unterneh­men? Im Marketing ist die Sentiment-Analyse Teil des Social-Media-Monitorings: Wird auf Facebook, Twitter, Instagram, Youtube und anderen Kanälen über das Unternehmen, das Produkt und die Dienstleistung gesprochen und wenn ja, wie?

Herrschen schlechte Kom­mentare vor, kann das Unternehmen prüfen, welche Gründe für die negative Kritik beste­hen und ggf. darauf reagieren. Dabei leisten KI-Systeme wertvolle Hilfestellung, da sie die Mitarbeiter in den Unternehmen bei ihrer Tä­tigkeit entlasten.(36)

Einen Sonderfall stellt die Sentimentanalyse im Finanzsektor dar, bei dem es wie bei keinem anderen auf Stimmun­gen ankommt: Herrscht an der Börse der op­timistische Bulle vor oder der pessimistische Bär?

Bei der Sentimentanalyse geht es darum, Empfindungen aufzuspüren: Wie denken die Zielgruppen über ein bestimmtes Produkt oder Unternehmen?

Daraus lassen sich, neben klassischen Methoden wie dem Untersuchen von Wirt­schaftsdaten oder der Bewertung von Kurs-Charts, Schlussfolgerungen über Kursentwicklungen gewinnen. Die Sentimentanaly­se kann die Fundamentaldatenanalyse und die technische Analyse von Kursdaten nicht ersetzen, kann aber im Hinblick auf die spe­kulative Tendenz der Börsen, das große Kasi­no, als die möglicherweise wichtigste gelten, da „vor allem aufgrund von vorherrschenden Stimmungen am Markt Investitionsentschei­dungen getroffen werden(37)“. So gesehen ist die Frage, wie maßgebliche Marktteilnehmer die Entwicklungen insgesamt oder für einzel­ne Fonds / Unternehmen beurteilen, welche Stimmungen vorherrschen, entscheidend da­für, ob gekauft oder verkauft werden sollte(38).

KI-Systeme können hier einen wichtigen Bei­trag leisten, da sie ähnlich wie beim Marketing Informationen über vorherrschende Stim­mungen liefern können. Ob KI-Systeme an­hand von Sentimentanalysen, aber natürlich auch Fundamentaldatenanalysen und techni­schen Analysen selbst Kauf- bzw. Verkaufs­entscheidungen treffen sollten, ist eine heik­le Frage. Die Systeme sind im Prinzip nicht korrumpierbar, haben keine schlechten Tage und sind belastbarer als jeder Mensch. So ge­sehen gehören Börsenmakler zu den eher be­drohten Berufsgruppen durch KI laut Oxford-Studie. Umgekehrt kann die Aussicht auf ein nicht mehr durch menschliche Entscheidun­gen abgemildertes System Ängste befördern. Von dem nicht zu unterschätzenden „Bauch­gefühl“ des Menschen ganz zu schweigen.(39)

Sieht man den „Bauch“ aber als unbewusste, gesammelte Erfahrung eines Menschen an, so stellt sich die Frage, ob lernende Systeme nicht auch eine Art Bauchgefühl besitzen.


Lesen Sie auf der nächsten Seite:
Was bedeutet KI für die Arbeitsplatzsicherheit?

Quellen

36.) https://www.clickworker.de/2017/03/14/sentiment-analyse-was-ist-das/
37.) https://www.aktien-depot.de/sentimentanalyse/
38.) Es wird betont, dass neben den Stimmungen auch „hard facts“ in die Sentimentanalyse miteinfließen.
39.) Gerd Gigerenzer und Hainer Kobler, Bauchentscheidungen: Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition, Goldmann 2008