Wie Eingangsrechnungen automatisiert den Freigabeworkflow durchlaufen
von Alexander Korn
Eingangsrechnungen werden von der Poststelle entgegengenommen, in Laufmappen einsortiert, von Fachabteilungen, Kostenstellenverantwortlichen und Abteilungsleitern geprüft, freigegeben und an die Buchhaltung weitergeleitet. Jahrzehnte gelebte Praxis, die aufgebrochen werden muss.
Durch Tools wie Dokumentenmanagementsysteme (DMS) wurde dieses Verfahren bereits digitalisiert. Statt in Papierform durchqueren Rechnungen nun in elektronischer Form das Freigabeszenario bis zur Buchhaltung.
Die Vorteile:
- Möglichkeit paralleler Freigaben
- Übersichtliche aktuelle Prozessschritte der Rechnung
- Nachvollziehbare Bearbeitungsschritte
- Kollegen dynamisch einbinden
- Elektronische Eingangsrechnungen einfach integrieren
- Skontofristen wahren durch schnellere Durchlaufzeiten
Tatsächlich lassen sich viele weitere Prozesse durch künstliche Intelligenz automatisieren und somit die Arbeitslast in den einzelnen Abteilungen reduzieren. Verdeutlichen lässt sich dies am Beispiel der Buchhaltung.
Vorbereitung der Automatisierung
STEP I: Richtige Pflege von Stammdaten
Die Automatisierung mit künstlicher Intelligenz beruht auf Algorithmen, die beispielsweise prüfen, ob der gefundene Kreditor auf der Eingangsrechnung im führenden ERP-System vorhanden ist. Eine „Musterfirma GmbH“ ist damit nicht zwangsläufig gleich der „Musterfirma“ und bedarf somit gegebenenfalls eines manuellen Eingriffs.
STEP II: Vorgelagerte Prozesse
Automatisierung benötigt Informationen und Regeln und vorgelagerte Prozesse müssen entsprechend aufbereitet werden. Einer Eingangsrechnung sollte immer eine Bestellung vorausgegangen sein, wodurch wir bereits erste Informationen wie Besteller, Kreditor, Positionen, Preise usw. erhalten, die für eine spätere Automatisierung wichtig sind. Als Regel lässt sich ableiten: Gibt es zu einer Rechnung eine Bestellung und wurde diese bereits freigegeben, muss sie nicht mehr explizit den Freigabeprozess durchlaufen, wenn sie nicht von der Bestellung abweicht.
STEP III: Die 80-Prozent-Regel
Jede noch so perfekte KI-Engine wird bei Ausnahmen, Sonderfällen oder sonstigen unüblichen Abweichungen an ihre Grenzen stoßen und bedarf manueller Nacharbeit. Eine realistische Annahme wäre bspw. die automatische Verarbeitung von 80 Prozent der Eingangsrechnungen. Starten sollte man mit den wichtigsten Kreditoren (am besten denen, die besonders viele Rechnungen senden), um das System entsprechend anzulernen und für den nächsten Projektschritt erste Learnings zu erzielen.
Einrichtung der Automatisierung
Als vorgelagerten Prozess zum oben beschriebenen Freigabeworkflow möchten wir, dass das System die eingehenden Rechnungen analysiert, validiert, Daten extrahiert und diese einem Drittsystem zur Verfügung stellt.
Dabei kann es Rechnungen selbstständig erkennen und Daten mit dem ERP-System abgleichen. Z. B. wird der Kreditor ermittelt und Rechnungsnummer, Datum sowie einzelne Positionen können direkt mit der Bestellung im ERP-System abgeglichen werden. Die KI gleicht dabei nicht nur die Daten ab und extrahiert diese, sondern korrigiert sie auch selbstständig, wenn bspw. das Originaldokument nicht exakt lesbar ist. Dabei bedient sich das System einer sogenannten Top-down-Suche und gleicht die einzelnen Felder mit einer Datenbank ab. Hierbei können bestimmte Schwellwerte hinterlegt werden, bis zu welchem Grad (beispielsweise 80 Prozent) eine Automatisierung erfolgt und wann eine manuelle Nacherfassung.
Bei entsprechender Konfiguration kann das System zudem die Richtigkeit der Rechnung im Sinne des §14 UStG prüfen und diese Informationen an einen nachgelagerten Prozess weitergeben.
Zu Beginn muss das System in bestimmten Fällen noch angelernt werden und eigene Lerndaten generieren, die dann für weitere Prozesse genutzt werden. Es lernt kontinuierlich mit dem Durchlauf jeder Rechnung und wird auf diese Weise immer besser in seiner automatischen Analyse.
Implementierung als ganzheitlicher Automatisierungsprozess
Sind obige Arbeiten erfolgreich umgesetzt, werden die Teilprozesse miteinander verbunden und ein ganzheitlicher Automatisierungsprozess entsteht, der mithilfe von künstlicher Intelligenz klassische Aufgaben der Buchhaltung übernimmt und selbstständig bearbeitet. Dieser gestaltet sich wie folgt:
Eingangsrechnungen werden zentral erfasst und dem System zugefügt. Der Prozess startet mit einer automatischen Analyse der Dokumente, gleicht Informationen mit dem ERP-System ab, prüft die Rechnung auf Steuerkonformität und exportiert alle Daten an etwa ein DMS. Dieses kann mithilfe der Daten den Freigabeworkflow durchlaufen (bspw. dynamisches Einbinden von einzelnen Benutzern anhand der Bestellinformationen auf der Rechnung) und überträgt die freigegebene Rechnung an die Buchhaltung. Da die Prüfungen bereits vom System erfolgreich durchlaufen wurden, kann die Rechnung dort direkt als Buchungsvorschlag für einen anstehenden Zahlungslauf zur Verfügung gestellt oder direkt verbucht werden.
Wird zu diesem Vorgehen eine Verfahrensdokumentation erstellt, ist dies auch im Sinne der Finanzbehörde eine wesentliche Verbesserung des Arbeitsablaufs. //
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