Mit künstlicher Intelligenz zum Smart-City-Quartier

von Paul Dittrich

Die Energiewirtschaft steht vor einer weitreichenden Veränderung: In Zukunft wird es nicht mehr nur das eine Stadtwerk geben, welches eine Region mit Strom versorgt, sondern zahlreiche, dezentrale Energieerzeuger. Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke und Geothermie werden für die Strom- und Wärmeversorgung aufkommen, wobei schon heute teilweise mehr Energie produziert wird, als ein Stadtquartier für seine Wohn- und Gewerbeflächen benötigt.

Die Energieerzeugung selbst ist allerdings nur eine Seite der Medaille, denn auch der Energieverbrauch verändert sich zunehmend. Einer der zukünftig größten Energieverbraucher ist bereits heute auf den Straßen zu sehen: das Elektroauto. Die Anzahl der Neuzulassungen für Elektroautos soll bis 2030 bereits auf über 30 Prozent steigen, wodurch im gleichen Zuge immer mehr Ladesäulen und Akkus von Elektroautos als Stromlieferant respektive -speicher dienen.

Die Verteilnetze sind auf diese komplexe Neuordnung der Energiewelt nicht ausgelegt. Insbesondere zu Spitzenzeiten, beispielsweise wenn viele Berufstätige abends von der Arbeit nach Hause kommen und ihr Elektroauto laden, kann es zu folgenschweren Netzüberlastungen kommen. Bereits heute können neue Ladesäulen oftmals nicht installiert werden, da die Netzanschlussleistung vor Ort unzureichend ist. Die ökologische, politische und technologische Lage in Deutschland, Europa und der Welt erfordert heute mehr als jemals zuvor pragmatische Lösungsansätze, um die Energie- und Mobilitätswende in Deutschland erfolgreich zu vollführen.

Mithilfe von künstlicher Intelligenz ökologische und wirtschaftliche Wettbewerbsvorteile sichern

Bereits heute existieren Software-Lösungen, die beispielsweise Energiedaten einer Photovoltaikanlage visualisieren, oder Smart Meter, welche Energieverbräuche digital an die entsprechenden Netzbetreiber übertragen. Wirklich nützlich werden die Daten dieser Vielzahl unterschiedlicher Energieerzeuger und -verbraucher allerdings erst dann, wenn diese auf einer zentralen Plattform integriert und dafür verwendet werden, die Netzbelastung vor allem zu Stoßzeiten automatisiert und intelligent zu regulieren.

Wirklich nützlich werden die Daten dieser Vielzahl unterschiedlicher Energieerzeuger und -verbraucher allerdings erst dann, wenn diese auf einer zentralen Plattform integriert werden.

In einem konkreten Anwendungsfall könnte der Ladevorgang eines E-Autos zum Beispiel genau dann starten, wenn besonders viel Strom durch die Photovoltaikanlagen bereitgestellt wird. Dies kann zur Mittagszeit, wenn die Sonne am höchsten steht, der Fall sein. Da das manuelle Starten und Regulieren des Ladevorgangs in genau solchen Situationen unpraktikabel ist, wird der hinsichtlich selbsterzeugter Energie optimale Ladevorgang von KI in Echtzeit automatisch berechnet, gestartet und fortlaufend geregelt. Dieses Vorgehen ist von der Energiequelle unabhängig und somit auch für Blockheizkraftwerke, Stromspeicher und Windkraftanlagen geeignet.

Das Grundprinzip für Nutzer einer solchen Plattform ist simpel: Je mehr zeitliche Flexibilität vom Fahrer eingeräumt wird, desto intelligenter und somit effizienter kann auch geladen werden. Dadurch ist es möglich, dem E-Auto-Fahrer, welcher im entsprechenden Quartier beheimatet sein kann, zeitabhängige Ladestrom-Tarife anzubieten. So zahlt dieser für intelligent genutzten „Quartiersstrom“ vielleicht nur 11 Cent pro kWh statt jene 39 Cent, welche aktuell von großen Energieunternehmen häufig für Ladestrom verlangt werden.

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass Energieeffizienz steigernde Maßnahmen bereits heute nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich interessant sind.

KI-Plattformen haben einen maß­geblichen Einfluss auf die Energiewende und können letztendlich als Steuerzentrale eines energieeffizienten Stadtquartiers verstanden werden.

Erst durch die Vernetzung aller innerhalb eines Quartiers existierenden Anlagen können Energieeffizienzmaßnahmen auf Basis von KI auch wirklich intelligent erfolgen. Diese Vernetzung ermöglicht neben dem als Beispiel angeführten Lastmanagement von Ladesäulen auch weitere Anwendungsgebiete wie Lastvorhersage und -profiling und vorausschauende Wartung kostspieliger Infrastruktur. Ein Stadtquartier kann sich somit zunehmend selbst mit Energie versorgen.

Bildquelle / Lizenz: HTW Berlin/urban ENERGY

Neben Kohlekraftwerken als zentralen Energielieferanten werden ebenfalls keine aufwendigen Abrechnungssysteme mehr benötigt, da über die Leitungen zukünftig neben Strom auch Zahlungsinformationen fließen können.

KI-Plattformen haben daher einen maßgeblichen Einfluss auf die Energiewende und können letztendlich als Steuerzentrale eines energieeffizienten Stadtquartiers verstanden werden. Erst dadurch wird aus einem Stadtquartier ein Smart-City-Quartier. //

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