Expertensysteme und subsymbolische Systeme

Expertensysteme (oder Wissenssysteme) die­nen dazu, wenig verbreitetes menschliches Wissen zu erfassen, abzubilden und zu ver­vielfältigen. Die typischen Expertensysteme waren „domänenspezifisch“, sprich auf einen bestimmten Bereich spezialisiert(49). Im Prin­zip gibt es zwei Arten von Expertensystemen, solche mit symbolbasierten und mit subsym­bolischen Lernverfahren. (Hierin unterschei­den sie sich von anderen Lernverfahren, bei denen Abläufe in Abfolgen von Einzelschrit­ten zerlegt werden.)

Symbole sind dabei „ein­zelne, klar abgegrenzte Entitäten(50)“, etwa Wörter, die wie „Fenster“ für ein Substantiv oder „gehen“ für ein Verb stehen. Subsymbo­lische Systeme stehen für Strukturen, die sich unterhalb dessen bewegen, was ein Mensch als Symbol erkennen könnte. Das symbolische Lernverfahren beruht auf einer Wissensdaten­bank, einer Summe von Fakten, Regeln und Beziehungen für einen bestimmten Bereich, und einer universell einsetzbaren Interferenz­maschine, die – hier setzt die Intelligenz ein – Symbole oder Subsymbole kombiniert und manipuliert(51).

Diese Expertensysteme arbei­ten als „vollkommene Logiker“ wie bspw. das Expertensystem Cyc, das mit dem Ziel gebaut wurde, alle Fragen seiner Nutzer zu beantwor­ten. Das auf der symbolbasierten gleichnami­gen Programmiersprache erstellte System soll­te nach dem Willen seines Erfinders Douglas Lenat alles lernen, was auch ein Kind lernt. 2016, nach mehr als 30 Jahren Entwicklungs­tätigkeit, gab Lenat bekannt, Cyc sei fertig. So verfüge es nun über 500 000 Begriffe, verbun­den über 17 000 verschiedene Arten von Be­ziehungen, und über sieben Millionen Sätze, die diese Begriffe in streng logischer Form verbinden. Cyc ist imstande, Antworten dar­auf zu geben, wie es zu den Ergebnissen ge­langt ist(52). Kritiker wenden ein, dass formale Logik nur ein kleiner Teil menschlichen Den­kens ist und zwar der eher untypische Teil. Die Mr. Spocks sind alles andere als häufig und dementsprechend auch die vollkommenen Logiker.

Hier setzen subsymbolische Systeme ein, die „Künstliche Neuronale Netze“ (KNN) verwenden, auf die noch einzugehen ist. Ana­loges, paralleles, assoziatives „Denken“ steht hier im Vordergrund, nicht das serielle, logi­sche. Subsymbolische Systeme beginnen bei der bereits genannten Mustererkennung, beim Abschätzen und Lernen.

In diesem Zusam­menhang ist das bereits erwähnte KI-System Watson zu nennen, das beim Quiz Jeopardy! gewann. Hinter der Software DeepQA (tiefes Fragen und Antworten) verbergen sich zahl­reiche, verschiedene, nebeneinander ablau­fende Verfahren. Etwa ein Modul zur Sprach­analyse, das die Frage einer Kategorie zuord­net, Hypothesengeneratoren, die parallel nach möglichen Antworten suchen, ein Modul, das über unterschiedliche Algorithmen prüft, wie plausibel diese Antworten sind, bis nur noch wenige Antworten übrig bleiben. Watson ist so gesehen kein Programm, sondern eine Struktur. Es „beruht nicht auf einer komplett neuen Technologie. Seine Bedeutung für die KI besteht darin, die Kombination verschiede­ner Verfahren zu perfektionieren.(73)“

Welche Systeme man verwendet, die symbolischen, logischen oder die subsymbolischen, auf KNN beruhenden, hängt ganz von der Anwendung ab. Symbolische Lernverfahren eignen sich für sehr formalisierte Probleme, bspw. die Über­prüfung mathematischer Hypothesen, eignen sich aber nicht, um etwa Fahrzeuge zu steu­ern. Subsymbolische Systeme gewinnen an Bedeutung, da ihre Einsatzbereiche sehr viel vielfältiger sind. Anders als symbolische Sys­teme können sie nicht angeben, warum sie zu einem bestimmten Ergebnis gelangen, kön­nen aber angeben, wie sicher sie sich sind. Das ist bei der Mustererkennung, zum Beispiel bei der Unterscheidung von zivilen und nicht-zivilen Fahrzeugen im militärischen Bereich, auch nicht nötig. Hier steht nicht die Frage im Raum, wie das System zu einem bestimmten Ergebnis gelangt ist, sondern die Frage, wie si­cher sich das System ist. Jerry Kaplan spricht davon, dass es sich bei symbolischen Syste­men um ein „nicht länger (…) aktuelles For­schungsgebiet“ handelt, „zumindest nicht in seiner ursprünglichen Form(54)“.


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Künstliche Neuronale Netze, Machine Learning, Deep Learning und „Natu­ral Language Processing“ (NLP)

Quellen

49.) Insofern sind sie nicht mit den französischen Enzyklopädisten gleichzusetzen, die den Versuch unternahmen, das gesamte menschliche Wissen zu veröffentlichen.
50.) Vgl. M. Lenzen, S. 69
51.) Vgl. J. Kaplan, S. 38ff.
52.) Vgl. M. Lenzen, S. 71 ff.
53.) Vgl. M. Lenzen, S. 73
54.) Vgl. J. Kaplan, S. 38