Schwache und starke KI
Hat man KI als Muster erkennende, „selbstständig“ lernende und letztlich auch Entscheidungen treffende Systeme definiert, so bietet sich eine Unterscheidung in eine schwache KI – die heute ausschließlich vorherrschende KI – und eine starke KI – möglicherweise für immer Zukunftsmusik – an. Bei der schwachen KI wird Intelligenz simuliert (und eben nicht dupliziert). Heißt: Man kann nicht wirklich von Intelligenz sprechen, sondern von einem intelligenzartigen Verhalten. Wir erinnern uns an die Definition McCarthys, der nur von Maschinen sprach, die sich verhalten, als verfügten (!) sie über menschliche Intelligenz.
Siri und Alexa sind geschaffen, Intelligenz vorzutäuschen, gehören also zur schwachen KI. Dasselbe gilt für die inzwischen sehr weit fortgeschrittenen KI-Systeme für verschiedene Spiele, die regelmäßig Großmeister im Schach oder im noch komplexeren, weil mehr Kombinationsmöglichkeiten erlaubenden asiatischen Strategiespiel Go besiegen. So eindrucksvoll die Züge im Schach – man denke an die Partie des Computers Deep Blue gegen den Schachweltmeister Garri Kasparow – oder im Go – hier schlug ein Google-Programm namens AlphaGo den Go-Weltmeister Lee Sedol in vier von fünf Partien – sein mögen: Sie beruhen auf vorher eingegebenen Daten; das KI-System „denkt“ nicht wirklich, sondern gleicht Algorithmen ab.
Das gilt auch für eines der am weitesten gediehenen KI-Programme namens Watson (benannt nach dem ersten Präsidenten von IBM Thomas J. Watson), das als Teil eines DeepQA-Forschungsprojekts entwickelt wurde, um Antworten auf Fragen zu geben, die „in digitaler Form in natürlicher Sprache eingegeben werden(7)“, und somit eine hochwertige Suchmaschine zu schaffen. In der Quizsendung Jeopardy! gewann das System das Spiel gegen zwei Quizchampions deutlich mit einem Endstand von 77 147 Dollar gegenüber den 24 000 bzw. 21 600 Dollar der menschlichen Konkurrenten.(8) Sogar KI-Systeme, die im Pokern gewinnen, müssen noch zur schwachen KI gezählt werden, so bspw. das KI-System Pluribus, das in zwei Turnieren gegen Weltklasse-Profis antrat und dabei deutlich häufiger als seine menschlichen Konkurrenten gewann und mehr Geld einspielte.
Der Unterschied etwa zu Schach oder Go, bei denen perfekte Informationen vorliegen, besteht darin, dass die Informationen beim Pokern unvollständig sind, und viel vom Bluffen, eigentlich auch vom Schlussfolgern aus menschlichen Reaktionen, abhängt. Bei Pluribus handelt es sich zwar um ein lernendes System, denn es spielt zunächst wiederholt gegen Kopien von sich selbst und verbessert sich selbst, dennoch ist auch dieses System immer noch ein Beispiel für eine schwache KI.(9) Es tut so, als wäre es intelligent, es simuliert Intelligenz, es ist nicht autonom; es dient für eine bestimmte Aufgabe, nämlich für das Pokerspiel, und kann nicht etwa als Börsenmanager fungieren, obwohl auch dies ein Feld mit nicht perfekten Informationen ist.
Bei der starken KI geht es um Systeme, die tatsächlich denken können, die also menschliche Intelligenz nicht nachahmen, sondern duplizieren und (auf einer höheren Stufe) abbilden, wozu dann auch Autonomie, sprich Eigenständigkeit und Selbstbestimmtheit, zählen. Im Zusammenhang mit der Singularität wird darauf zurückzukommen sein.
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Überwachtes Lernen, unüberwachtes Lernen und Verstärkungslernen
Quellen
7.) Wikipedia, Watson (Künstliche Intelligenz), aufgerufen am 3.11.2019
8.) s.o.
9.) KI gewinnt gegen Pokerprofis: Künstliche Intelligenz siegt erstmals im Poker mit mehreren Mitspielern, scinexx das Wissensmagazin vom 4.11.2019